Unternehmen der Messebauwirtschaft organisieren sich
von Redaktion,
Die an sich erfreuliche Vorstellung einer Öffnung – setzt sie doch niedrige Inzidenz-Zahlen, Reisefreiheit und gelockerte Kontaktbeschränkungen voraus – entwickelt sich für den Berufszweig der Messebau-Unternehmen mehr und mehr zum Schreckens-Szenario. Betriebe und Solo-Selbständige in dieser Branche plagen die gleichen Ängste: Der Staat erlaubt die Veranstaltung von Messen wieder und streicht deshalb ihre Fördergelder und sonstigen Stützungsmaßnahmen. Aber die Aussteller verzichten dennoch auf die Messen.
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In einer Meldung der Interessensgemeinschaft Messewesen (IGM) heißt es dazu, Unternehmen bräuchten in der Regel etwa sechs Monate, bis der Auftritt auf einer Messe steht. Diese Zeit vergehe von den ersten Planungen über die Beauftragung der Dienstleister, die Buchung der Hotels, den Transport der Exponate bis hin zur Eröffnung. Komme es in dieser Zeit zu einer Absage der Messe – sei es aufgrund wieder steigender Inzidenzen oder eingeschränkter Reisefreiheit – würden neben den Ausstellern auch die schon beauftragten Messebauer auf den Kosten sitzen.
„Um diese Risiken abzudecken, braucht es einen Ausfall-Fond“, fordert Dr. Stefan Terkatz. Der Unternehmensberater ist Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Messewesen (IGM) mit Sitz in Köln. Die IGM hat sich im Frühjahr 2020 zusammengefunden und Anfang 2021 als Verein konstituiert. Sie vereint derzeit knapp 40 Mitgliedsunternehmen, noch einmal so viele hätten Interesse an der Mitgliedschaft bekundet. „Aus unserer Sicht wird es vor 2022 keine Messen geben“, glaubt Terkatz. „So lange halten viele von uns nicht durch.“
Wahrnehmung der Messebranche erhöhen
Ziel der IGM ist es, die öffentliche Wahrnehmung der vielfältigen Messebranche zu erhöhen und auf die ganz besondere Notlage während der Corona-Pandemie aufmerksam zu machen. Denn durch die Veranstaltungsabsagen seit dem ersten Lockdown im März 2020 erfahren Messebauer, Teppichleger, Caterer, Beleuchter, Werbetechniker, aber auch Spediteure, Personalvermittler oder Consultingagenturen massive Einnahmeverluste. Für den „Messe-Weltmeister“ Deutschland (2019 fanden hierzulande knapp 180 Ausstellungen mit rund 180.000 Ausstellern und zehn Millionen Besuchern statt) hat die Branche eine enorme Bedeutung: Vor Beginn der Pandemie lag ihr Jahresumsatz bei rund 4,1 Milliarden Euro, schätzt der AUMA, der Verband der deutschen Messewirtschaft.
„Zusammen für uns“
Die IGM will sich für die Belange von Unternehmen jeder Größe des Messewesens einsetzen und ein schlagkräftiges Netzwerk aufbauen. Dabei sieht sie sich selbst als pragmatisch, wendig und flexibel und will ihren Mitgliedern gegenüber vor allem nutzenorientiert sein. Dementsprechend profiliert sich die IGM als praxisnaher Ansprechpartner und Servicedienstleister in einem – der programmatische Slogan lautet „zusammen für uns“. Beratung in Steuerangelegenheiten und betriebswirtschaftlichen Fragen sowie Unterstützung zur Beantragung der Corona-Hilfen werden unter anderem in wöchentlichen Webinaren angeboten. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit soll helfen, die IGM auch in Richtung Politik und Wirtschaft als starke Stimme zu etablieren. „Denn auf der politischen Bühne“, so Stefan Terkatz, „werden wir bisher noch nicht in gewünschtem Maße wahrgenommen.“
Themen-Agenda für die Nach-Corona-Zeit
Die Rolle als Sprachrohr der Branche sei jetzt, in Pandemie-Zeiten, wo es ums nackte Überleben geht, besonders wichtig – die IGM will diese Rolle aber auch nach Bewältigung der Krise einnehmen. Die Themenliste für die Post-Corona-Agenda ist lang: So geht es unter anderem um Mitgestaltungs- und Mitsprachemodelle bei Terminplanungen von Messen, Hygienemaßnahmen, Arbeitsbedingungen oder die Kontrollen im Rahmen des Entsendegesetzes. Auch die Bereiche Digitalisierung und Nachhaltigkeit, um beispielsweise zu vermeiden, Möbel oder Personal unnötig durch die Republik zu fahren, seien der IGM wichtig für den Dialog nach der Krise: „Innerhalb der Wertschöpfungskette Messewesen fühlen wir uns mit rund einer Viertelmillion Angestellten und Soloselbständigen klar unterrepräsentiert“, sagt Terkatz. „Deshalb ist es gut, dass es die IGM jetzt gibt. Wir werden der Branche Gehör verschaffen.“